Mama muss mal kurz. Durchdrehen.

Als wäre es nicht so schon alles schlimm genug: ich bin ein erbärmlicher Anblick.

Meine linke Schulter schmückt Frischkäse, meine rechte klebt von Rotz und Sabber.

Mein Kaffee wird kalt.

Mein Rücken ist im Eimer.

Ich kann soziale Kontakte fast ausschließlich zwischen 15 und 18:00h pflegen.

Ich öffne sinnlos meinen Mund, wenn ich mein Kind füttere.

Ich kann bis zu einer Minute lang kritisch die Kacke von CF analysieren und daraus bis zu 5 wichtige Informationen über seinen Gesundheitszustand ableiten.

Ich kann meinen eigenen Ansprüche nicht erfüllen. Ich will eine gute Kollegin,  Angestellte, Tochter, Freundin, Schwester, Schwiegertochter, Fußballfan, Malerin, Flüchtlingshelferin und und und sein, abenteuerlustig, kreativ, zuverlässig.


Meine Abenteuer bestehen aber darin, beim Kind Breimahlzeiten schleichend gegen Menschenessen auszutauschen, meine Kreativität  beschränkt sich darauf, den Nachmittag rumzukriegen und meine Zuverlässigkeit ist ein dehnbarer Begriff geworden: "Ich komm dann, wenn das Kind wach ist plus 30 Minuten". "Ich komm dann wenn das Kind eingeschlafen ist, plus 30 Minuten." "Morgen komm ich bestimmt." "Kind ist gerade krank geworden, sorry, komme gleich doch nicht."


All das wird von der Außenwelt toleriert, wobei ich mir an ihrer Stelle schon längst den Rücken zugekehrt hätte.

All das wird von Freunden als normal abgetan, wobei ich an ihrer Stelle den Kontakt mit mir elegant hätte einschlafen lassen.


Ich bemühe mich, es großzügig als Phase abzutun und hoffe auf bessere Zeiten.

Immerhin arbeite ich jetzt wieder und kann mit Stolz und Erleichterung sagen, dass das Gehirn noch funktioniert.

Das gibt schonmal zumindest ein Minimum an Selbstachtung zurück.


Aber eins bringt mich fast dazu, mich an den Kinderwagen zu ketten und ihn mit dem schwersten Spielzeug beladen in die Elbe zu rollen.


Es sind Sätze wie diese:

"Mama kommt gleich"/"Mama muss nochmal kurz ...."/"Nicht die Hände an Mamas guter Hose abwischen"/"Mama ist etwas genervt".


Klingt nicht so schlimm? Das Problem ist, dass ICH diese Sätze sage!

Bitte erschiesst mich. Schnell.

Mama redet von sich in der 3. Person. Mama hat ernsthafte Schwierigkeiten.


Ich lasse mir jetzt auf die linke Hand ein "ICH" tättowieren. Hoffe das hilft.


Zum Glück geht es CFs Papa nicht anders.


Ah. Gute Idee!

Sicherheitshalber lasse ich mir auf die rechte Hand auch den Namen von "Papa" tättowieren.

So.


Papa, gibst du Mama bitte die Kugel?

Danke.




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Kommentare: 3
  • #1

    ja vollert (Montag, 28 September 2015 23:57)

    Hey J!
    Fast lauter Gutes. Wenn ich in Kategorien denke.

    Ich freue mich schon sehr auf s wiedersehen!

    Beeeste Grüße an deine Männer

    J

  • #2

    Ute Bresch (Dienstag, 29 September 2015 14:39)

    Hi , ja wie gut kann ich mich daran erinnern, Tagewerk schien erledigt wenn man es geschafft hatte pünktlich und sauber bei der Arbeit zu sein. ;)

  • #3

    Jill (Donnerstag, 01 Oktober 2015 17:14)

    Liebste J.
    Vorab, nach der Aufzucht nur eines kleines kleinen Welpen, die an die Komplikationen der tatsächlichen Mutterschaft nicht im entferntesten heran kommt, habe ich nicht wirklich hochgradige Kenntnisse des Eltern daseins (bis auf das "nein, die Schuhe sind nicht zum reinbeißen da, sitz anständig, der Kopf kommt nicht auf den Tisch u.ä.). Bevor dieses kleine Wollknäuel in unser Leben trat sahen wir in der Flimmerkiste eine Folge von "Wir bekommen ein Baby." Vor Freude explodierend nannten sich Mama und Papa von dem Zeitpunkt an als der Test positiv war genau so. Mama und Papa. "Mama schau mal was ich für Maximilian gefunden habe", "Papa hast du die Wiege schon zusammen gebaut", "Mama findet das Papa das Hemd..." O.O

    Ca. zu dem Zeitpunkt musste ich abschalten da ich selbst schon suizidale tendenzen entwickelte. Leider durfte ich aber eines feststellen. Verantwortung bringt im Leben seltsame Verhaltensmuster mit sich. Man dreht sich ca. 12 mal im Auto um, um sicher zu gehen das der Hund/das Kind auch wirklich noch da ist wo man es vor 2 min angeschnallt hat, man ;) kontrolliert den Stulgang ca. eine Minute lang um den Gesundheitszustand zu erruieren. Da dieses kleine Ding für das man die Verantwortung trägt ja aber nicht zurück kommunizieren kann fühlt man sich immer mehr in die Erklärungsnot gedrängt und so erwischte ich mich schon nach 3 monaten dabei wie ich meinem HUND erkläre: "Mama zieht sich noch kurz die Jacke und die Schuhe an. Dann können wir raus." o.O jaja klar, der Hund versteht sicherlich jedes Wort und wird sich sicherlich über diese Aufklärung freuen... (mittlerweile hat sie einen Wortschatz von ca. 20 verstanden wörtern also yeyy)

    Psychologisch betrachtet ist all dieser Humbug glaube ich tatsächlich völlig valide. CFs sichtweise auf die Welt war lange nur "Ich bin ich und ich ist alles. Mama ist ich, Papa ist ich, mein Bett ist ich". Ich werfe dir also einen angeborenen mütterlichen Instinkt vor, deinem knirpsi zu zeigen das sowohl er als auch "MAMA" eigenständige Personen sind und die, die man Mama nennt sich hinter deinem Anglitz verbirgt.

    Stellt sich jetzt also nur noch die Frage was wir mit MEINEM Verstand anfangen :D